Ihr Lieben,
vor einigen Wochen habe ich gleich mehrere Texte zum Thema Volontariat und Aufnahmetests geschrieben. Ich freue mich über die vielen Rückmeldungen von Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten und hoffe, dass sie euch weitergeholfen haben. Nachdem mich einige gebeten haben, auch noch etwas zum Thema „Praktikum im journalistischen Bereich“ zu schreiben, kommt hier nun der entsprechende Text.
Wie bekomme ich ein Praktikum? Wie läuft es ab? Und wie absolviere ich das Praktikum mit Erfolg und Bravour? Darum geht es in diesem Blogbeitrag.
Wie bekomme ich ein Praktikum im Bereich „Journalismus“?
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, journalistische Erfahrungen in Form von Praktika zu sammeln. Vielleicht hast du eine Lieblingszeitung oder einen Lieblingssender – schau ganz einfach auf der Internetseite nach. Viele geben da genau an, wer für ein Praktikum in Frage kommt und wo man sich bewerben muss. Leider gibt es auch viele Redaktionen, die keine Praktikumsplätze vergeben oder nur an Leute, die schon extrem viele Erfahrungen gesammelt haben. Ich kann nur dazu raten, es trotzdem zu versuchen, aber nicht enttäuscht zu sein, wenn es nicht klappt.
Außerdem ist es durchaus ratsam, sich nicht gleich bei einem riesigen Verlag oder dem bekanntesten aller Sender zu bewerben, sondern ruhig „klein“ anzufangen. Häufig ist es sogar viel besser, das Praktikum in einer kleineren Redaktion zu absolvieren, weil Praktikanten dort häufig mehr Verantwortung übernehmen dürfen. Ich habe mein erstes Praktikum beim Lokalradiosender „Antenne Kaiserslautern“ gemacht und war damals total begeistert. Während ich dort schon in der ersten Praktikumswoche selbst Interviews führen durfte, habe ich bei meinem Praktikum bei RTL fast nur zugeschaut. Versteht mich nicht falsch, man lernt beim Zuschauen wahnsinnig viel und auch das war eine klasse Erfahrung.
Gleichzeitig merkt man nur, ob der Job wirklich Spaß macht, wenn man ihn selbst ausprobiert. Ich kann euch also nur raten, ruhig zu kleineren Redaktionen zu gehen, die vielleicht nicht jeder kennt. Dort ist es oft auch leichter, einen Platz zu bekommen. Allerdings müsst ihr auch hier häufig früh dran sein, mit eurer Bewerbung. Ich habe mich in der Regel ungefähr ein Jahr vor meinem gewünschten Praktikumsbeginn auf Stellen beworben. Redaktionen müssen Praktikanten einplanen und es passiert nur sehr selten, dass man ganz spontan noch einen guten Platz bekommt. Was ich euch außerdem empfehlen möchte ist, euch beim Newsletter von Oskar Vitlif anzumelden. Alle zwei Wochen gibt es dort ausgewählte Job-Angebote und freie Praktikumsplätze für junge Medienschaffende per Mail oder Telegramm.
Wie läuft ein Praktikum im „Journalismus“ ab?
Darauf kann ich keine pauschale Antwort geben, denn das ist von Redaktion zu Redaktion extrem unterschiedlich. Wie bereits beschrieben, kann man zum Teil schon früh ganz viele coole Aufgaben übernehmen, zum Teil wird man aber auch – ganz klassisch – als Kaffee-Bote und Kopier-Beauftragte missbraucht. Manche Redaktionen haben Praktikanten-Betreuer, die sich ihrer Aufgabe hingebungsvoll widmen, Anderen haben an deinem ersten Tag möglicherweise komplett vergessen, dass überhaupt ein Praktikant angeheuert wurde und keinen Plan, was sie jetzt mit dir machen sollen. Beides habe ich schon erlebt!
Trotzdem: Kein Praktikum ist umsonst. Im Lebenslauf zählt jede Station. Aber natürlich ist es wünschenswert, dass sich um dich gekümmert wird und du mehr mitnimmst als das Wissen darüber, wie man den Kopierer richtig bedient. Deshalb würde ich dir raten, dich vorher umzuhören, ob beispielsweise jemand aus deinem Bekanntenkreis eine bestimmte Redaktion fürs Praktikum empfehlen kann. Meiner Meinung nach merkt man auch schon bei einem Telefonat oder dem Bewerbungsgespräch, wie die Redaktion tickt, ob sie gut organisiert ist und sich mit dir als Praktikant oder Praktikantin wirklich auseinandersetzt. Wenn du dann tatsächlich die Wahl zwischen mehreren Praktikumsplätzen hast, würde ich mich IMMER für die Redaktion entscheiden, bei der du das Gefühl hast, dass sich am meisten um dich gekümmert wird. Auch wenn das eventuell ein weniger bekannter Name ist.
Zur Bezahlung muss ich leider sagen, dass die meisten Praktika, die ich absolviert habe, unbezahlt waren. Das ist bitter aber leider nach wie vor Gang und Gäbe im Journalismus. Ich habe sehr viel Taschengeld und sehr viel Zeit meiner Ferien geopfert, um Praktika zu machen. Das klingt ein bisschen brutal, aber man muss natürlich dazu sagen, dass mir das Arbeiten und die neuen Erfahrungen immer große Freude bereitet haben und dass sich all die Mühe letztlich ausgezahlt hat, weil ich heute das bin, was ich immer sein wollte: eine hauptberufliche Redakteurin.
Was soll ich als Praktikantin im „Journalismus“ beachten?
Mein erster und wichtigster Tipp ist: Sei nervig! Und das meine ich ernst. Leider ist in ganz vielen Redaktionen viel zu wenig Zeit für Praktikanten und die Journalisten sind so beschäftigt mit ihrer eigenen Arbeit, dass sie immer wieder vergessen, dass da jemand sitzt, der von ihnen lernen möchte. Man muss also wirklich ständig hinlaufen und fragen: "Was kann ich noch tun? Kann ich irgendwie helfen? Wie kann ich üben?" und so weiter. Dabei kommt man sich oft ziemlich dumm vor und es kostet Überwindung, aber in manchen Redaktionen ist das der einzige Weg, weiterzukommen.
Auch wenn die Kollegen möglicherweise im ersten Moment genervt reagieren - wie gesagt: sie sind oft selbst sehr beschäftigt – musst du dir klar machen, dass Fleiß nie falsch sein kann und im Nachhinein werden sie wahrscheinlich sagen "Wow, die hat echt richtig hart gearbeitet" - und das ist wohl das größte Lob, das ein Praktikant bekommen kann, denn gerade am Anfang geht es um Biss und um Ehrgeiz und Wille. Außerdem ist Hartnäckigkeit ein extrem wichtiger Wesenszug eines Journalisten. Wer also bei den Kollegen dran bleibt und immer wieder nachfragt, beweist auch, dass er in Interviews oder anderen Situationen nicht so einfach aufgibt.
Trau dich außerdem, eigene Ideen einzubringen... Leg dir vielleicht schon vor dem Beginn deines Praktikums eine Liste mit Themenideen zurecht und schlag ruhig immer mal wieder etwas vor. Wichtig ist dabei, dass du das wirklich schon gut durchdacht hast, also beispielsweise sagen kannst: "Ich würde gerne über XY schreiben und das ist gerade wichtig und aktuell, weil XY. Dazu würde ich XY interviewen."
Ein weiterer Tipp: Lass dich nicht unterkriegen. Ich betone in meinen Texten nicht umsonst immer wieder, wie hart der Ton in Redaktionen zum Teil ist. Gerade als junge Frau ist man es vielleicht nicht gewöhnt, dass so mit dir umgegangen wird. Kritik hauen dir die meisten Journalisten direkt um die Ohren, Lob vergessen sie hingegen meistens. Davon darfst du dich auf keinen Fall entmutigen lassen, wirklich. Ich weiß, das sagt sich leichter als getan. Aber sieh es als Übung fürs Leben: Dran bleiben und selbst immer höflich, aber nicht naiv sein. Hui, wenn ich das so lese, klingt das voll furchteinflößend… Aber mach dir keine Sorgen, das sind wirklich eher Überlebenstipps für den schlimmsten Fall der Fälle! Und natürlich gelten auch für journalistische Praktika die gleichen Tipps, wie für alle anderen: Sei pünktlich, kleide dich ordentlich, zeige Arbeitsbereitschaft und so weiter. Aber das sollte ja klar sein.
Wenn du mehr wissen möchtest, lies gerne auch den Text „Der richtige Weg in den Journalismus.“ Darin beschreibe ich ganz ausführlich, wie man überhaupt Journalistin wird. Außerdem habe ich in weiteren Beiträgen auch schon beschrieben, wie du dich auf den Aufnahmetest für Volontariate vorbereiten kannst und Tipps für die Bewerbung zum Volontariat. Da findest du sicher einige Tipps, die auch für dich relevant sind. Falls du weitere Fragen hast, schreib mir sehr gerne.
Ich wünsche dir alles Gute und ganz viel Erfolg bei deinem Praktikum!
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